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Quelle des Podcasts: Dr. med. Henrich ProVegan Stiftung, ProVegan-Newsletter 12/2019,
https://www.provegan.info/de/mehr/newsletter/archiv/ausgabe/newsletter-provegan-ausgabe-12-2019/
Die Anmerkung am Ende des Podcasts stammt von Dr. Henrich.
Herzlichen Dank dafür!
Ich erinnere mich noch genau, wie es damals begann, vor gut zwanzig Jahren. Ohne diesen entscheidenden Schritt wären die Katastrophen noch weit schlimmer geworden, und statt der zu beklagenden 27 Millionen Opfer hätte es alleine bis jetzt hunderte Millionen Tote geben können, von den zahllosen Klimaflüchtlingen ganz zu schweigen. Auch meine Frau starb. Sie wurde bei der historischen Flut, in der vor fünf Jahren Hamburg fast vollständig versank, ins offene Meer gerissen, zusammen mit unseren Enkelkindern.
Als Staatssekretär begleitete ich im Spätherbst 2020 die Bundeskanzlerin zu dem Treffen in Reykjavik. Erst auf dem Flug weihte sie mich ein, worum es ging: Um das Überleben der Menschheit. Es hatte, berichtete sie mir, im Oktober bereits ein geheimes Treffen von Regierungschefs fast aller Staaten gegeben. Nur ein Thema hatte auf der Tagesordnung gestanden: der Klimawandel. Den meisten von ihnen war in den letzten Jahren klar geworden, dass ein gewaltiges Problem mit Riesenschritten auf die Menschen zukam. Die Bürger waren selbstverständlich nicht darüber informiert worden, denn dann hätte die Politik sich für Versäumnisse rechtfertigen müssen, vermutlich wäre es auch zu Unruhen und anderen unliebsamen Folgen gekommen, die man hatte vermeiden wollen.
Bei dem Treffen vor einem Monat, zu dem auch führende Klimawissenschaftler geladen waren, hatten diese erschreckende neue Daten präsentiert. Der Uhrzeiger hatte die Zwölf bereits überschritten. Die Naturkatastrophen waren nicht mehr aufzuhalten. Lähmendes Entsetzen im Saal. „Es wird viele Millionen Tote geben, unter den Reichen und unter den Armen, in Metropolen wie auf dem Land – wir können es nicht verhindern, nicht mit allen Geldern der Welt“, hatte Prof. James Laurel aus Sydney langsam gesagt. „Dennoch gibt es Hoffnung. Die Hoffnung, dass weniger Menschen infolge der Katastrophen sterben müssen – nicht eine Milliarde oder mehr schon in den kommenden Jahrzehnten, sondern vielleicht nur fünfzig Millionen. Denn die Anreicherung der Treibhausgase in der Atmosphäre durch den Menschen ist nicht blindes Schicksal; wir haben es in der Hand, diesen Prozess umzukehren. Ohne unser entschiedenes Handeln wird es zu immer mehr Dürren und Landüberflutungen kommen, Missernten ungeahnten Ausmaßes werden die Welt in Hunger stürzen, um nur einiges Wenige zu nennen, und letztlich steht das Überleben der Menschheit auf dem Spiel.“
Und dann, so die Kanzlerin, sprach Laurel die entscheidenden Sätze: „Der Konsum tierischer Produkte aus der Massentierhaltung einschließlich vieler damit zusammenhängender Faktoren wie der Umwandlung von Wäldern in Weideflächen oder der gigantischen Futtermittelproduktion ist für 70 bis 80 Prozent der Klimaerwärmung verantwortlich. Wenn wir es nicht schaffen, innerhalb der nächsten drei Jahre die Weltbevölkerung dazu zu bewegen, keine tierischen Produkte mehr zu konsumieren, dann ist es fast schon gleichgültig, ob wir den Verbrauch fossiler Brennstoffe reduzieren oder andere der vieldiskutierten Maßnahmen ergreifen.“
Und Dr. Ellen Schmidtberg aus München hatte mutig ergänzt: „Die Politik muss radikal beschleunigt werden und alle müssen an einem Strang ziehen. Die jetzige Situation der Entscheidungsprozesse ist die, dass jemand mit einem Baseballschläger Ihnen die Rübe einschlagen will, und was machen Sie? Sie lesen ihm ‚Die Erklärung der Menschenrechte‘ vor.“ Das kurz aufkeimende Lachen einiger Politiker war schnell erstorben. Fast alle hatten den Ernst der Lage erfasst.
Das – ebenfalls geheime – Sondertreffen aller Regierungschefs in Reykjavik, an dem auch der UNO-Generalsekretär teilnahm, sollte die Wende bringen. Ich erlebte, dass Politik auch anders ablaufen konnte als bisher. Zu Beginn wurde bereits nach wenigen Minuten fast einstimmig entschieden, dass die einfache Mehrheit alle Regierungschefs auf die Entscheidungen verpflichten würde. Ein Vetorecht gab es nicht. Nationale Sonderinteressen hatten zurückzustehen. Unabhängig von juristischen Regelungen galten das gegebene Wort und die Ehre der Anwesenden. Nur fünf Staatsführer verließen daraufhin die Versammlung; danach waren noch 97% der Weltbevölkerung dort vertreten.
Innerhalb eines einzigen Tages beschlossen die Anwesenden mit großer Mehrheit, dass in einem Zeitraum von zwei Jahren die Staaten vollständig zu einer veganen Lebensweise umgestiegen sein mussten. Der Fleischkonsum sollte im ersten Jahr auf die Hälfte reduziert werden, nach einem weiteren Jahr durfte kein Fleisch mehr angeboten werden. Da viele dadurch ihre Arbeit verlieren würden, sollten die Staaten u.a. den betroffenen Landwirten, der Belegschaft der Fleischindustrie, dem Handel usw. übergangsweise finanzielle Hilfen gewähren und Umschulungsmöglichkeiten anbieten.
Zur Reduzierung der Nutztiere war eine weitere Vermehrung durch Befruchtung zu vermeiden. Die nach Ablauf der Fristen noch vorhandenen Tiere waren artgerecht, z.B. auf großzügigen Weiden, getrennt nach Geschlechtern zu halten. Wälder, die für Tierfutteranbau abgeholzt worden waren, mussten möglichst schnell wieder aufgeforstet werden. Auch sollte der Obst- und Gemüseanbau, insbesondere klimafreundliche Anbaumethoden wie Permakultur und Bioanbau, durch kräftige Subventionen gefördert werden. Selbstverständlich mussten auch die anderen Klimaschutzmaßnahmen etwa im Verkehr, im Kohleverbrauch usw. weiterhin verfolgt werden. Weitere Details wurden der Gesetzgebung der einzelnen Länder überlassen. Alle vertretenen Staaten sicherten einander gegenseitige Unterstützung zu, nicht nur finanziell, sondern vor allem auch politisch: Wenn fast die ganze Welt an einem Strang zog, würden regionale kontraproduktive Diskussionen die Anderswollenden ins Abseits stellen.
In seiner Schlussrede sagte der indische Premierminister: „Ich gratuliere der Welt, dass sie sich für diesen Weg zur Rettung der Menschheit entschieden hat. Doch es geht sogar noch um mehr, nämlich um das gesamte Leben auf unserem Planeten, und dabei auch um die so lange Zeit misshandelten Tiere. Schon die Jahrtausende alten spirituellen Schriften Indiens betonen immer wieder die Achtung und Einheit allen Lebens.“
Was tat sich nicht alles alleine in Deutschland. Als die Kanzlerin den Bundestag informierte, wozu auch alle bedeutenden Medien eingeladen worden waren, und sie dabei eine Handtasche neben sich stellte, auf der in großen Lettern stand: „Nur VEGAN kann die Welt retten!“, erntete sie einige spöttische Bemerkungen. Bei ihrem nächsten Auftritt, drei Tage später, griffen bereits viele Parlamentarier zu, als ihnen an den Eingangstüren als Snack Schälchen mit veganen Leckerbissen angeboten wurden.
Auf Notstandsgesetze, an die die Kanzlerin als letzte Option gedacht hatte, konnte die Regierung verzichten. Die weltweite politische Entschlossenheit und gewaltige Demonstrationen für die neue Politik ließen großen Widerstand der Wirtschaft gar nicht erst aufkommen. Ein Großteil der um ihre Zukunft bangenden Bevölkerung ging auf die Straße, darunter zahlreiche Schüler und Studenten, Umweltschutz-, Klimaschutz- und Tierschutzvereinigungen, die Kirchen, einige Parteien, karitative Gruppen und viele mehr.
Die Wirtschaft bewies bei den Umstellungen eine erstaunliche Flexibilität. Nicht zuletzt lag das an dem World-Wide-Vegan-Business-Help-Pool, der zahlreiche Möglichkeiten zur Lösung der praktischen Probleme aufzeigte. Als besonders erfolgreich erwiesen sich die weitere Entwicklung und der Verkauf von Fleisch- und Käseersatz, der sich von tierischen Steaks, Würsten und Milchprodukten nur noch von Geschmacksexperten unterscheiden ließ. Für diesen Geschäftszweig gab es besondere staatliche Zuschüsse.
In allen Fernsehprogrammen liefen Sendungen über die neue Ausrichtung. Selbstverständlich äußerten sich in den zahlreichen Diskussionen, Kommentaren und Talkshows auch kritische Stimmen, doch mussten die meisten einräumen, dass der eingeschlagene Weg zwar mancher schönen Gewohnheit entgegenstehen würde, aber letztlich um der Rettung der Menschheit willen unumgänglich wäre. Besonders beliebt waren die veganen Kochshows, und die meisten Fernsehköche überboten einander schon nach wenigen Wochen mit veganen Köstlichkeiten. Erstaunt nahmen viele Menschen wahr, dass ihre Gesundheit sich verbesserte und sie sich leichter und glücklicher fühlten.
Vegane Organisationen wurden in der Politik immer wieder um Rat gefragt und trafen sich regelmäßig mit Regierungskreisen. Mit Unterstützung mehrerer Bundesministerien bauten sie ein deutschlandweites Netzwerk auf, das alle Bürger kostenlos hinsichtlich der veganen Lebensführung beriet.
Auch die neuen Kinder, inspiriert von Greta Thunberg und anderen, wurden zu heiß begehrten Experten in Punkto Klimaschutz, nachhaltige Ernährung, die Wiederaufforstung von Wäldern etc. Für diese Kinder wurde eigens ein Zukunftsministerium geschaffen, das die praktische Umsetzung ihrer Ideen ermöglichte.
Schon nach relativ wenigen Jahren reduzierte sich der Ausstoß von Treibhausgasen weltweit drastisch und die extremen Wetterschwankungen begannen sich zu normalisieren. Es kommt zwar immer noch zu Naturkatastrophen, und der Meeresspiegel ist weiterhin hoch, wodurch große Landflächen für lange Zeit überflutet bleiben, doch die Klimaerwärmung dürfte in wenigen Jahren ihren Höhe- und Wendepunkt erreicht haben.
Hätten wir politisch doch früher gehandelt, wären wir doch nur mutiger und weniger egozentrisch gewesen – vielleicht könnten meine geliebte Frau, meine Enkel und Millionen andere heute noch leben.
Christian von Kamp
Die Geschichte darf im Internet kostenlos verwendet werden.
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Erlaubnis zum kostenlosen Abdruck in Printmedien:
nach Absprache mit dem Autor per Mail: christianvonkamp@t-online.de
Die Geschichte wurde in dem Print-Buch und eBook "SOS - Save Our Ship!" veröffentlicht.
#werbung - zwecks Unterstützung von Fridays for Future (rein vorsorglicher Hinweis)
Das Buch enthält Texte zum Klimawandel, Geschichten, Gedichte, Poetry Slam und mehr. Mit Herzblut geschrieben. Beeindruckend. Natürlich geht es u.a. auch um die Rolle des Veganismus.
Zitate aus dem Buch: "Ein dokumentarischer Blick „inside“ Fridays for Future: Ängste und Wut, Verzweiflung und Mut, Kraft und Kreativiät, Utopien und Visionen einer Bewegung, die zunehmend die politische Landschaft verändert. ... Diese Anthologie versammelt Texte unterschiedlichster Art von reinster Poesie und realistischer Prosa bis schwärzester Dystopie mit provozierender Schärfe, bissigem Humor und viel Liebe zu Mensch und Natur. ... Herausgeber Gerhard D. Wulf (Jahrgang 1960), freier Autor und Journalist, ist seit Februar 2018 dank seiner Tochter ein "Papa for Future" und engagiert sich in Stuttgart bei den Kundgebungen und Demos von Fridays for Future. Er hat u.a. dort Redebeiträge, Slogans, Statements etc. von Schüler*innen, Wissenschaftler*innen und Eltern etc. gesammelt. Mit dem Erlös aus dem Verkauf des Buches wird die Bewegung unterstützt."
eBook: https://www.epubli.de/shop/buch/88615
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